Urteil des EuGH: Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Habt ihr noch Resturlaub aus dem letzten Jahr oder wird es im kommenden Jahr Resturlaub aus 2017 geben? In den meisten Fällen verfällt der Resturlaub irgendwann; doch nun sorgt ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für neue Verhältnisse.


Sag mal, wie viel Urlaub steht mir wann zu? Diese Frage treibt viele Arbeitnehmer um, denn Urlaub gilt als die schönste Zeit des Jahres. Leider ist sie für die meisten sehr begrenzt. Und als wäre das nicht schon traurig genug, wird das Limit auch noch vom Arbeitgeber bestimmt. Natürlich gibt es auch gesetzliche Auflagen, die einen Mindestanspruch von 20 Tagen vorschreiben, aber in der Praxis sieht es meist eh ganz anders aus, als auf dem Papier. Das ist beim Thema Urlaub nicht anders. Genau deshalb musste sich jetzt auch der Europäische Gerichtshof mit einem Urlaubsfall befassen, der staunen lässt.

Deutsche lassen jährlich drei Urlaubstage verfallen

Im Durchschnitt haben die deutschen Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch von 27 Tagen, womit sie über dem gesetzlichen Mindestmaß liegen. Dabei ist ein Anspruch von sogar 30 Urlaubstagen am häufigsten, denn etwa jeder zweite Arbeitnehmer hat einen solchen Urlaubsanspruch. Den geringsten Urlaub haben Friseure, Hotelangestellte und Kellner, die auf kaum 25 freie Urlaubstage im Jahr kommen. Relativiert wird der Urlaubsanspruch in Deutschland auch noch dadurch, dass 90% der Arbeitnehmer Urlaubstage nutzen, um private Dinge zu regeln. Der Urlaubsanspruch ist also nicht identisch mit den Erholungstagen pro Jahr. Und was sind dann schon 14 freie Tage auf ein ganzes Jahr? Ein weiterer Punkt, der den theoretischen Urlaubsanspruch in Deutschland auf den Boden der Tatsachen zurückholt: Jährlich lassen die Deutschen rund drei ihrer Urlaubstage verfallen, um im Job besser dazustehen. Je höher der berufliche Druck ist, desto eher wird verzichtet. Doch ist es in jedem Fall legitim, dass Urlaub ein Verfallsdatum hat? Immerwieder herrscht um die Regelungen zum Urlaubsanspruch Verwirrung.

Extremfall mit 13 Jahren ohne bezahlten Urlaub

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Mittwoch entschieden: Nein, Urlaub hat kein generelles Verfallsdatum (Urteil vom 29.11.2017, Az. C-214/16). Wenn es der Arbeitgeber nicht ermöglicht hat, Urlaub zu nehmen, darf der Urlaubsanspruch nicht verfallen. Dieses Urteil ist nun das Ergebnis eines kuriosen Falls aus Großbritannien, bei welchem ein Angestellter 13 Jahre ohne bezahlten Urlaub auskommen musste.

Es handelt sich um den Briten Conley King, der auf Provisionsbasis als Verkäufer tätig war. Sein Arbeitgeber hatte dabei die Funktion eines Auftraggebers, denn die Zusammenarbeit wurde als „selbstständiges Dienstverhältnis“ deklariert. Bezahlten Urlaub gab es daher nicht. Im Jahr 2012 kündigte Conley King und erhob Klage, um die Abgeltung seiner fehlenden Urlaubstage einzufordern, die ihm der Vorgesetzte nicht zugestehen wollte. Die britischen Gerichte entschieden zunächst, dass es sich bei King um einen Arbeitnehmer handelt, er folglich auch Urlaubsanspruch gehabt hätte. Der Fall zog sich jedoch noch bis zum Europäischen Gerichtshof, da auch noch geklärt werden musste, ob ein Arbeitnehmer Urlaub nehmen muss, bevor er weiß, ob dieser bezahlt ist.

EuGH begründet: Urlaub soll zur Erholung dienen

Dem Europäischen Gerichtshof zufolge sind beide Fragen zu verneinen. Somit verfällt Urlaub nicht, wenn man ihn nicht hätte nehmen können und zweitens muss der Arbeitnehmer keinen Urlaub nehmen, bevor er nicht weiß, ob der Urlaub bezahlt ist. Begründet wurde die Entscheidung der Richter damit, dass der Jahresurlaub dem Zweck der Erholung dienen soll. Wenn eine Unsicherheit bezüglich der Bezahlung des Urlaubs bestünde, ist Erholung jedoch nicht möglich. Zweitens sei der Arbeitgeber selbst schuld, wenn er keine Möglichkeiten zum Einlösen des Urlaubsanspruch schaffe. Anders würde es sich verhalten, wenn der Kläger lange Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit gehabt hätte. In diesem Fall läge das Recht beim Arbeitgeber. In diesem Fall aber profitierte die Firma davon, dass Mister King seine Tätigkeit nicht unterbrach. Deshalb müsste nun der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nachkommen und den Urlaub der letzten 13 Jahre gewähren. Für Conley King bedeutet dies nun, ihm steht erstmal sehr viel Freizeit bevor.

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