Sarajevo in Bosnien und Herzegowina


Lange Zeit assoziierte man mit der bosnisch-herzegowinischen Hauptstadt Sarajevo eher negative Schlagzeilen. Das hat sich gewandelt. Heute ist die Stadt ein Geheimtipp und vielleicht die am meisten unterschätzte Metropole auf dem ganzen Balkan.

Überblick

Wer auf dem Balkan Urlaub machen möchte, der denkt vermutlich erst einmal an die Adriastädte von Kroatien oder bulgarische Orte am Schwarzen Meer. Die bosnische Hauptstadt Sarajevo fällt hingegen den wenigsten ein – und gerade das macht die aufstrebende Metropole so anziehend. Sarajevo ist ein heimlicher Favorit unter Kennern des Balkanraumes. Kaum eine andere Stadt war so zerrissen und ist heute so tolerant und aufgeschlossen wie Sarajevo.

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Zwielicht über Sarajevo

Sarajevo verzaubert Einheimische wie Urlauber vor allem mit seiner Kultur und Architektur. Hier findet ihr osmanische Moscheen neben mittelalterlichen katholischen und orthodoxen Kirchen sowie moderne Häuser neben Bauwerken des jugoslawischen Sozialismus. Genauso vielseitig sind aber auch Sarajevos Bewohner. Sie leben in harmonischem Einklang, ungeachtet der Religion oder Abstammung. Begebt euch in die bunte Altstadt und erfahrt mehr von der vielseitigen Geschichte dieses Ortes, während ihr euch mit den kulinarischen Köstlichkeiten des Balkans verwöhnen lasst.

Geschichte

Sarajevos bewegte Historie reicht zurück bis ins 13. Jahrhundert, beginnend als slawische Siedlung unter dem damaligen König von Kroatien-Ungarn. Seit dem 15. Jahrhundert übernahmen die Osmanen die Herrschaft. Von ihnen stammt auch der Name Sarajevo, abgeleitet vom türkischen Wort für Palast („saray“). Weltweite Bekanntheit erlangte die Stadt Sarajevo als Ort der Ermordung des Thronfolgers von Österreich-Ungarn, des Erzherzogs Franz Ferdinand, und seiner Frau Sophie Chotek, die damalige Herzogin von Hohenberg. Dieses folgenreiche Ereignis zählt als eines der Auslöser für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Sarajevo Hauptstadt der Teilrepublik Bosnien und Herzegowina innerhalb Jugoslawiens. 1984 fanden in der Stadt die Olympischen Winterspiele statt. Doch nach dem Zerfall des Landes riss der Jugoslawienkrieg das Land und seine Einwohner entzwei. Mehr als 10.000 Menschen starben bei der vierjährigen Belagerung der Stadt. Umso erstaunlicher ist es, wie schnell das einst so gepeinigte Sarajevo sich zu einem wahren Juwel an Kultur und Toleranz entwickelt hat.

Sehenswürdigkeiten

Mit seiner 800-jährigen Geschichte ist Sarajevo kulturell und architektonisch ein wahrer Fundus für alle Geschichtsinteressierten. Allein die beeindruckende Altstadt mit ihren katholischen, orthodoxen und moslemischen Einflüssen ist ein (leider) kaum bekanntes Schmuckstück. Doch auch Einflüssen der neueren Geschichte begegnet ihr hier immer wieder in den Straßen der Stadt.

Altstadt

In kaum einer anderen Innenstadt Europas liegen Tradition und Moderne, liegen Ost und West so nah beieinander wie in Sarajevos Altstadt. Im lebendigen Zentrum könnt ihr Kaffeehäuser besuchen und direkt nebenan in eine Kneipe gehen. Ihr blickt erst auf eine katholische Kirche, dann eine orthodoxe Kathedrale und gleich darauf auf eine Moschee, nicht zu vergessen eine Synagoge. In Sarajevo, so scheint es, leben alle Menschen friedlich neben- und miteinander.

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Der Sebilj Brunnen in der Altstadt

Wenn es ein einzelnes Wahrzeichen Sarajevos gibt, dann ist es wohl der Sebilj Brunnen. Schaut doch bei der Gelegenheit auch gleich am Marktplatz namens Baščaršija vorbei, auf dem ihr viele der regionalen Spezialitäten erwerben könnt. Einen Besuch wert ist die 1530 erbaute Gazi-Husrev-Beg-Moschee. Diese könnt ihr außerhalb der Gebetszeiten besichtigen.

Der Sarajevo-Tunnel

Ein bedrückendes, aber dennoch interessantes Relikt aus den Zeiten der Belagerung der Stadt durch die Serben während des Jugoslawienkriegs in den 1990er findet ihr im Stadtteil Butmir. Dort dient das Haus der Familie Kolar als Museum für den sogenannten Sarajevo-Tunnel. Durch diesen 800 Meter langen und nur einen Meter breiten und eineinhalb Meter hohen Tunnel wurde die belagerte Stadt mit Nahrungsmitteln und weiteren Gütern versorgt. Das Museum zeigt euch unter anderem einen Rest des Tunnels und gibt Einblick in die Anstrengungen der damaligen Zeit.

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Diente zur Versorgung der Stadt: der Sarajovo Tunnel

Die Lateinerbrücke

Eine weitere historisch bedeutsame Sehenswürdigkeit ist die Lateinerbrücke im Stadtzentrum. Eigentlich ist es nur eine kleine Steinbrücke, die vor fast 500 Jahren von den Osmanen gebaut wurde, um den Fluss Miljacka zu überwinden. Doch eben hier fand 1914 das berühmte Attentat auf den österreichischen Thronfolger statt, welches als einer der Auslöser des Ersten Weltkriegs gilt. Heute ist die Brücke für den Straßenverkehr gesperrt und ein beliebtes Ziel für historisch interessierte Reisende.

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Die Latainerbrücke als Ort eines Attentats

Den Namen Lateinerbrücke bekam die Brücke übrigens, weil sie als Verbindung zwischen der katholischen Kathedrale in der Innenstadt und dem katholisch geprägten Stadtviertel auf der anderen Flussseite diente. Letzteres wurde auch als Latinluk bezeichnet. In Jugoslawien erhielt die Brücke den Namen Princep – nach dem Attentäter von 1914. Erst im letzten Jahrzehnt des vorangegangenen Jahrhunderts erhielt sie ihren alten, ursprünglichen Namen zurück.

Aktivitäten

Eines ist klar: In Sarajevo gibt es viel zu entdecken und zu erleben. Vor allem die kulturelle Landschaft eröffnet unzählige Möglichkeiten dank der vielen Museen, Ausstellungen und geschichtsträchtigen Plätzen. Doch auch außerhalb des Stadtgebiets gibt es Aktivitäten, die ihr euch während eures Urlaubs nicht entgehen lassen solltet. Welche genau das sind, haben wir nachfolgend für euch zusammengestellt.

Die Natur genießen

Wenn ihr in Sarajevo Urlaub macht, heißt das ja nicht, dass ihr unbedingt nur in der Stadt bleiben müsst. Ihr solltet unbedingt etwas von der tollen Landschaft erleben, in die Sarajevo eingebettet ist. Das hügelige Umland ist ein Paradies für Wanderer und verfügt mit dem Trebević über einen stolzen Berg, der auch bequem mit einer Seilbahn zu erreichen ist. Von dort aus habt ihr einen tollen Ausblick auf die Stadt, die sich wie ein rötlicher Film über die Hügellandschaft zieht – eine gute Gelegenheit für ein Foto!

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Per Seilbahn auf den Trebević

Seid ihr Fans von Lost Places? Dann gibt es in Sarajevo etwas ganz Besonderes. Dort fanden im Jahre 1984 die Olympischen Winterspiele statt und viele Relikte dieser Veranstaltung sind heute verlassen und verwildert, darunter auch die olympische Bobbahn. Diese erreicht ihr über einen Wanderweg vom Berg aus. Verziert mit Graffitis und überwachsen von der Natur, ist die Bobbahn von Sarajevo ein Lost Place, wie ihr ihn wohl noch nie gesehen habt.

Tee, Kaffee und Bier trinken

Egal, ob ihr eher Kaffee- oder Teetrinker seid: In Sarajevo kommt ihr voll auf eure Kosten! Der osmanische Einfluss macht sich auch in der Kultur der Kaffeehäuser und Teestuben bemerkbar, die ihr überall in der Stadt finden könnt. Doch Vorsicht! Der bosnische Kaffee ist sehr stark und wird von mitteleuropäischen Gaumen oft als bitter empfunden. Vielleicht dann doch lieber eine Tasse Tee, serviert in den traditionellen, reich verzierten Kupfertassen.

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Bosnischen Kaffee auf traditionelle Art trinken

Möchtet ihr euch ein Bier gönnen, dann führt kein Weg am Sarajevsko Pivo vorbei, der Marke der stadteigenen Brauerei. Die Bewohner der Stadt fühlen sich dieser Brauerei auf besondere Weise verbunden. Sie verfügt nämlich über eine eigene Wasserquelle. Während der Belagerung Sarajevos im Bosnienkrieg konnten die Menschen so mit lebenswichtigem Trinkwasser versorgt werden. Das Brauwasser des Pivo hat also buchstäblich Menschenleben gerettet.

Ins Museum gehen

In Sarajevo gibt es zahlreiche Museen, denen ihr unbedingt einen Besuch abstatten solltet. Das bedeutendste davon ist das Nationalmuseum von Bosnien und Herzegowina, das erst seit 2015 wieder seine Pforten für Besucher geöffnet hat, nachdem es zuvor aus finanziellen, aber auch politischen Gründen jahrelang verschlossen blieb. Weitere Museen sind das Museum von Sarajevo, das historische Museum von Bosnien und Herzegowina, das War Childhood Museum und zu guter Letzt das Museum der Verbrechen gegen die Humanität und des Völkermords.

Rosen von Sarajevo finden

Der Krieg von 1992 bis 1995 ist in Sarajevo noch immer allgegenwärtig und ein stetiges Mahnmal für Frieden und Toleranz. Kaum eine Familie lebt dort, die nicht jemanden verloren hat. Wer genau hinschaut, sieht an der einen oder anderen Hausfassade noch immer Einschusslöcher. Achtet bei euren Spaziergängen durch die Stadt aber auch auf den Boden. Dort findet ihr manchmal rote Kleckse, genannt die „Rosen von Sarajevo“. Das sind Stellen, an denen damals Granaten einschlugen. Im Andenken an die Verstorbenen wurden die Einschlagstellen nicht repariert, sondern mit rotem Harz aufgegossen.

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Eine der Rosen von Sarajevo

Skifahren

Sarajevo war nicht umsonst der Austragungsort für die Olympischen Winterspiele im Jahre 1984. Die Berge rund um die Stadt sind ein bekanntes und beliebtes Wintersportareal. Insgesamt findet ihr drei Skigebiete. Jahorina ist das größte und am besten ausgebaute Gebiet und verfügt über mittelschwere Pisten. Bjelašnica ist kleiner, hat jedoch sehr steile Pisten für die ganz Mutigen zu bieten. Ein drittes, ebenfalls kleines Gebiet ist Igman.

Reise-Infos

Könnt ihr euch vorstellen, euren nächsten Urlaub in Sarajevo zu verbringen? Dann solltet ihr einige Dinge beachten, was die Reisezeit, die Anreise und die formellen Voraussetzungen angeht. Wir haben die wichtigsten Tipps für euch zusammengestellt, damit euer Sarajevo-Urlaub ein voller Erfolg wird.

Reisezeit

Die Hauptreisezeit für Sarajevo ist der Sommer. Die Hügel erstrahlen dann in sattem Grün, die Sonne scheint häufig und die Regenwahrscheinlichkeit ist gering. Ideale Bedingungen also, um die Stadt und die Hügel drumherum zu Fuß zu erkunden. Im Winter freuen sich Skisportfans über zuverlässigen Schnee bei nicht allzu tiefen Temperaturen. Allerdings ist die Luftqualität dann nicht so gut, weil viele Einwohner noch mit Holz oder Kohle heizen und der Rauch nur schwer aus dem Talkessel abziehen kann, in dem die Stadt liegt.

Reisedauer

Sarajevo ist ein lohnendes Ziel für einen Wochenendtrip, wenn ihr die Anreisezeit mit berücksichtigt. Die Altstadt ist nicht allzu weitläufig und die meisten Sehenswürdigkeiten könnt ihr innerhalb von zwei Tagen besichtigen. Wer in den Hügeln ausgiebig wandern oder in den Bergen Skipisten hinunterfahren möchte, sollte mehr Zeit einplanen.

Reisevorbereitung

Sarajevo ist die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina und liegt dementsprechend nicht innerhalb der Europäischen Union. Folglich reicht euer Personalausweis leider nicht für eine Einreise bzw. für einen Aufenthalt aus. Ihr benötigt einen Reisepass, der zudem mindestens noch drei Monate gültig sein muss.

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Markt in Sarajewo: bezahlen mit Konvertible Mark

Für euren Urlaub in Bosnien und Herzegowina müsst ihr euch mit der Konvertiblen Mark (KM) versorgen. Diese nach dem Krieg neu geschaffene Währung war an die Deutsche Mark gekoppelt und entsprach ihr im Verhältnis 1:1. Folglich entspricht eine KM heute auch in etwa einem halben Euro. Das macht das Umrechnen im Alltag für euch leicht. Was zehn KM kostet, dafür bezahlt ihr also ziemlich genau fünf Euro.

Anreise

Wir legen euch wirklich ans Herz, mit dem Flugzeug nach Sarajevo zu reisen. Von den deutschen Flughäfen München, Stuttgart und Köln/Bonn aus gelangt ihr mit dem Flieger direkt zum Sarajevo International Airport. Aus Wien und Zürich gibt es ebenfalls Direktflüge. Der Flughafen befindet sich etwas außerhalb der Stadt. Busse und Taxen befördern euch aber in wenigen Minuten ins Zentrum. Leider sind viele transnationale Bahnverbindungen nach Sarajevo in den letzten Jahren eingestellt worden. Außer per Flieger kommt ihr am besten noch mit dem Reisebus dorthin, etwa ab Dortmund, Wien oder Zürich. Alternativ fahrt ihr mit dem Auto, seid dann aber einige Zeit unterwegs. Von München aus dauert die Fahrt rund elf Stunden. Das liegt auch am eher schlecht ausgebauten Straßennetz in Bosnien und Herzegowina.

Fortbewegung vor Ort

Vieles in Sarajevo kann problemlos zu Fuß erkundet werden. Für die etwas weiteren Strecken gibt es Straßenbahnen und Busse. Sowohl die Fahrscheine für den ÖPNV als auch das Geld für Taxen sind recht günstig. Am besten handelt ihr vorab mit dem Fahrer einen für beide Seiten fairen Preis aus. Zu guter Letzt stehen euch vor OrtMietwagen zur Verfügung. Mit diesen erreicht ihr bequem die steiler gelegenen Stadtteile sowie die herrlichen Hügel im Umland.

Sprache & Verständigung

Bosnisch ist die am weitesten verbreitete Sprache in Sarajevo. Serbisch und Kroatisch sind gleichberechtigt, doch alle drei ähneln sich sehr und Unterschiede sind vor allem im Schriftlichen zu erkennen. Glücklicherweise ist Deutsch in Sarajevo recht verbreitet, da viele Kriegsflüchtlinge in Deutschland aufgenommen wurden und dort Deutsch lernten, ehe sie nach dem Krieg zurückkehrten. Aus diesem Grund sind die Bewohner der Stadt deutschen Reisenden gegenüber auch sehr freundlich eingestellt.

Essen & Spezialitäten

Die bosnische Küche ist eher deftig und beinhaltet meist auch Fleisch. Am bekanntesten sind wohl die Ćevapčići oder auch das Burek, ein Blätterteig mit Hackfleischfüllung, der an jeder Ecke als Street Food verkauft wird. Natürlich gibt es aber auch internationale Restaurants in Sarajevo. Eine besondere Empfehlung ist das Restaurant der Sarajevsko Pivo Brauerei. Dort werden zu reichhaltigen Fleischgerichten besondere Biersorten angeboten, die es nicht in Flaschen zu kaufen gibt.

Cevapcici-gegrillte-Hackfleischroellchen-in-Brot
Ćevapčići: gegrillte Hackfleischröllchen in Brot

Hotels & Unterkünfte

Mittlerweile hat sich in Sarajevo eine vielseitige Hotellandschaft etabliert, begonnen mit einfachen Unterkünften bis hin zum 5-Sterne-Hotel. Unabhängig vom Anspruch an die Unterkunft werdet ihr also in Bosnien und Herzegowinas Hauptstadt fündig.

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