Liepāja in Lettland kennenlernen


Der Nordosten Europas ist längst nicht mehr nur ein Geheimtipp für deutsche Urlauber. Städte wie Tallinn, Riga oder Vilnius ziehen immer mehr Besucher an. Noch nicht ganz so bekannt ist Liepāja, eine Hafenstadt an der lettischen Ostseeküste. Hier verbringen Einheimische gern den Sommer und das hat natürlich seine Gründe. Welche das sind, erfahrt ihr nachfolgend.

Überblick

Liepāja ist eine historische Küstenstadt im Westen Lettlands und bietet Besuchern mehr als nur Strand und Meer. Sie hat ein reiches kulturelles Erbe, eine äußerst lebendige Musikszene sowie einige beeindruckende architektonische Schätze aus verschiedenen Epochen der Stadtgeschichte. Wer allerdings vor allem wegen der Strände nach Liepāja fährt, wird nicht enttäuscht. Viele Kilometer Sandstrand laden zum Schwimmen und Sonnenbaden ein. Außerdem weht hier eine starke Brise, die vor allem Surfern und Kiteboardern gefallen dürfte. Liepāja ist auch als „Stadt der Winde“ bekannt.

Blick auf Liepaja
Blick auf Liepāja

Geschichte

Vor rund 800 Jahren war Liepāja zunächst kaum mehr als ein bescheidenes Fischerdorf mit einem kleinen Umschlagplatz für Holz, Fisch und Butter. Die Region war bis in die Frühe Neuzeit Teil des Deutschordenstaats, weswegen es eine starke historische Verbindung Lettlands mit der deutschen Geschichte gibt. Der deutsche Name der Stadt lautet Libau.

Ab dem Jahr 1795 gehörte die Stadt zum russischen Zarenreich und wurde schnell zu einem wichtigen Hafen an der Ostsee. Von hier aus wanderten hunderttausende Osteuropäer nach Amerika aus. In den Weltkriegen sowie im Kalten Krieg behielt Liepāja seinen strategischen Wert als Flottenbasis. Nach der Unabhängigkeit Lettlands infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion hat sich Liepāja zu einem begehrten Kurort für einheimische und ausländische Gäste gemausert.

Strände

Liepāja ist als Sommerhauptstadt der Letten bekannt. Der Grund dafür ist vor allem der rund zehn Kilometer lange Stadtstrand im Süden. Neben einer Reihe kleinerer Strände entlang der Küste gibt es noch zwei besondere Orte, die vor allem für historisch interessierte Urlauber empfehlenswert sind.

Stadtstrand

Der wunderbare Strand von Liepāja ist wohl einer der schönsten und saubersten der gesamten Ostseeregion. Der weiße Sand ist so fein, dass er im Russischen Reich einst für Sanduhren verwendet wurde. Heute genießen ihn badende Familien ebenso wie versierte Surfer, welche sich die perfekten Winde vor der Küste zunutze machen. Direkt hinter dem Strand erstreckt sich ein Park. Dieser ist im Sommer von Familien und erholungsbedürftigen Großstädtern bevölkert, die hier picknicken, grillen oder zwischen Bäumen und Springbrunnen den Sommer genießen. Zudem finden hier auch viele saisonale Veranstaltungen statt.

Liepaja Stadtstrand
Der Stadtstrand von Liepāja

Strand von Karosta

Der historische Stadtteil Karosta mit seinen alten Festungsanlagen verfügt ebenfalls über einen Strandbereich. Dieser gilt als eher rau, aber auch sehr inspirierend, weswegen er vor allem bei Künstlern beliebt ist. Wenn ein verfallenes Fort halb aus dem Wasser ragt, sorgt das eben für eine besondere und kreative Atmosphäre.

Dünen von Šķēde

Etwas nördlich des Stadtgebiets gibt es einen recht wilden Strand nahe der Ortschaft Šķēde. Die Dünenlandschaft lädt zwar auch zum Wandern ein, doch der Ort bewegt aus einem anderen Grund. Hier heißt es, innehalten und den vielen tausend Opfern gedenken, die in den Dünen vom Sicherheitsdienst (SD) der SS und lettischen Hilfstruppen exekutiert wurden. Ein entsprechendes Holocaust-Mahnmal befindet sich direkt am Strand.

Strand von Skede
Spaziergang über den Strand von Šķēde

Sehenswürdigkeiten

Die Sehenswürdigkeiten von Liepāja spiegeln die wechselvolle Geschichte der Stadt und Region wider. Einige teils sehr alte katholische, evangelische und orthodoxe Kirchen stehen hier Seite an Seite. Hinzu kommen Ruinen alter sowjetischer Militäranlagen sowie Kulturgebäude neueren Ursprungs.

Dreifaltigkeitskathedrale

Beginnen wir mit einer der wichtigsten evangelisch-lutherischen Kirchen der Stadt. Die Dreifaltigkeitskathedrale geht zurück auf die deutschsprachige lutherische Gemeinde des 17. und 18. Jahrhunderts. Sie feierte ihre Gottesdienste einst gemeinsam mit den lettischsprachigen Lutheranern in der ebenfalls sehenswerten St. Anna Kirche, bekamen dann 1758 ihr eigenes Gotteshaus. Die Kirche ist äußerst aufwändig verziert und zeigt Elemente des Rokokos ebenso wie des frühen Klassizismus. Das Prunkstück ist die Orgel der Kathedrale. Es ist bis heute die größte Orgel mit mechanischer Traktur auf der ganzen Welt und verfügt über 131 Register mit 7.000 Pfeifen.

St. Josef Kathedrale

Ebenso andächtig, aber nicht ganz so alt ist die Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Liepāja. Die Kathedrale St. Josef wurde zwischen den Jahren 1894 und 1900 im neuromanischen Stil erbaut und ist Nachfolgerin der ungleich kleineren barocken Pfarrkirche, die seit dem Jahr 1762 für die Gemeinde als Gotteshaus diente. Die St. Josef Kathedrale ist weithin sichtbar aus gelblich schimmernden Danziger Ziegeln erbaut. In ihrem östlichen Arm ist immer noch die alte Barockkirche enthalten, nun als Marienkapelle. Über dem dreischiffigen Langhaus thront der Hauptturm mit charakteristischer Achteckform im Obergeschoss.

St Josef Kathedrale
Die St. Josef Kathedrale in Liepāja

Kathedrale St. Nikolai

Im Stadtteil Karosta befindet sich die Kathedrale St. Nikolaus, das wichtigste russisch-orthodoxe Gotteshaus von Liepāja. Sie wurde im Jahr 1903 von Zar Nikolaus II. persönlich geweiht und dem Heiligen Nikolaus von Myra gewidmet, dem Schutzpatron der Seefahrer. Von diesem leitet sich übrigens auch der Brauch des Nikolaustages am 6. Dezember ab. Die Architektur dieser prachtvollen Kathedrale folgt zweifelsfrei den opulenten russischen Kirchen des 17. Jahrhunderts. Goldene Kuppeln und wertvolle Ikonostasen wurden unter anderem durch Finanzierung der Zarenfamilie möglich. Später wurde die Kathedrale umfangreich saniert und glänzt heute wieder in aller Pracht.

Liepaja Kathedrale St Nikolai
Die orthodoxe Kathedrale von vorne

Festungsanlagen von Karosta

Karosta ist ein Viertel im Norden von Liepāja, welches früher fast komplett als Kriegshafen des Russischen Reiches beziehungsweise der Sowjetunion diente. Anfang des 20. Jahrhunderts bildete Karosta sogar einen autonomen Stadtteil ohne Austausch mit dem Rest von Liepāja. Diese Zeiten sind vorbei, doch die Relikte der Vergangenheit sind noch immer allgegenwärtig.

Verteidigungsanlagen von Karosta
Die Ruinen der früheren Verteidigungsanlagen

Neben alten Forts und einer beeindruckenden drehbaren Eisenbrücke ist vor allem das alte Gefängnis von Karosta sehenswert. Wer mag, kann dort sogar in einer Zelle übernachten und wie zu Sowjetzeiten speisen. Das Gelände dient zudem als eine Art Open-Air-Museum und Bühne für aufschlussreiche Aufführungen zur Geschichte des Ortes.

Konzerthalle „Großer Bernstein“

Bernstein spielt im Kunsthandwerk des Ostseeraumes eine große Rolle. Da verwundert es nicht, dass ein Gebäude dem gelbbraunen Stein nachempfunden ist. Die erst im Jahr 2015 fertiggestellte Konzerthalle von Liepāja schimmert wie Bernstein und trägt daher auch den Beinamen „Großer Bernstein“. Das Innere überzeugt Musikliebhaber durch eine großartige Akustik.

Liepaja Konzerthalle
Die Konzerthalle in der Dämmerung

Aktivitäten

Obwohl Liepāja vergleichsweise klein ist, gibt es in und um die Stadt jede Menge zu erleben. Vielfältige Museen warten ebenso auf einen Besuch wie der berühmte Petermarkt oder der entspannende Rosengarten. Wer mehr auf Action steht, nutzt die verlässlichen Winde, um sich aufs Surfbrett zu schwingen.

Ins Museum gehen

Liepāja verfügt über eine überraschend vielseitige Museumslandschaft. Neben dem bereits erwähnten Areal im ehemaligen Militärbezirk Karosta ist vor allem das Liepāja Museum erwähnenswert. Es präsentiert durch Exponate und interaktive Ausstellungen die Geschichte der Stadtentwicklung. Zu den weiteren musealen Höhepunkten gehört das Kulturhistorische Museum, welches mit einer beeindruckenden Sammlung von Kunstwerken und historischen Gegenständen ausgestattet ist. Selbst der Petermarkt besitzt ein eigenes Museum zur Historie von Markt und Handel in Liepāja.

Wassersport treiben

Die Ostseeküste Lettlands ist recht flach und hat nur wenige natürliche Barrieren, die den Wind abhalten könnten. Daher wehen regelmäßige Winde über die offenen Ebenen und die Küstenlinie. Das gilt dann auch für Liepāja und dessen Strandabschnitte. Ein wahrer Traum für Surfer. Wer sich gerne einmal auf das Board zum Windsurfen oder Kiten schwingt, ist also in der „Stadt der Winde“ goldrichtig. Gleiches gilt für passionierte Segler, denn Liepāja verfügt über einen gut ausgestatteten Yachthafen. Wer es ruhiger mag, kann die Küste entlangpaddeln und vom Kajak aus die Natur genießen.

Einkaufen auf dem Libauer Petermarkt

Der Libauer Petermarkt ist eine kulturelle Institution und sollte unbedingt aufgesucht werden. Er ist außerdem eine großartige Quelle für frische Lebensmittel direkt vom Feld, aus dem Wald oder der See. Wer gern landestypisch einkauft, wird hier garantiert fündig. Benannt wurde der Petermarkt – oder „Pētera tirgus“ – übrigens nach dem russischen Zaren Peter dem Großen, um dessen Beitrag bei der Stadtentwicklung zu würdigen. Schon seit mehr als hundert Jahren gibt es hier neben Lebensmitteln auch Handwerkskunst, Keramik, Schmuck und Textilien – der ideale Ort, um gleich ein paar Souvenirs zu besorgen.

Erholen im Rosengarten

Wer genug vom Besichtigen und sportlichen Aktivitäten hat, der findet mitten im Zentrum von Liepāja einen tollen Ort zur Erholung, den sogenannten Rosengarten, auch „Rožu laukums“ genannt. In einem riesigen Beet blühen hier im Frühling sowie Sommer die farbenfrohsten Blumen. Sie laden zu einer ausgedehnten Pause auf den Bänken und Wiesen ein. Der strikt geometrisch angelegte Rosenplatz wurde im Jahr 1910 eingerichtet, als der alte Markt von hier umzog. Im Frühling blühen die ersten Krokusse, dann Narzissen und Tulpen, ehe sich im Sommer die volle Pracht der Rosen entfaltet. In der Weihnachtszeit wird der Platz dann festlich beleuchtet.

Reise-Infos

Ein Urlaub in Lettland ist nicht unnötig kompliziert und benötigt kaum Vorbereitungen. Die Einreise für EU-Bürger ist simpel, die Anreise moderat und das Klima ähnlich dem unseren. Einzig die Uhren müssen um eine Stunde vorgestellt werden, denn Lettland liegt in der Osteuropäischen Zeitzone. Wer die folgenden Tipps beachtet, kann in Lettland eine tolle Zeit verbringen.

Ideale Reisezeit und Reisedauer

Liepāja liegt etwas weiter nördlich als die deutsche Ostseeküste, daher kann es insgesamt etwas kühler werden, zumal der Ostwind hier meist recht stark weht. Der Sommer ist als Reisezeit ideal. Dann ist es vor Ort am wärmsten und der Wind wird eher als angenehme Erfrischung empfunden.

Die Stadt selbst ist recht überschaubar und kann problemlos in wenigen Tagen erkundet werden. Wer allerdings am Strand entspannen will und ein paar Ausflüge ins Umland plant, der sollte schon mindestens eine volle Woche Urlaubszeit einplanen.

Liepaja Hafen
Liepāja: Stadtstrand und Hafen

Anreise und Fortbewegung vor Ort

Üblicherweise erfolgt die Anreise mit dem Flugzeug über den Internationalen Flughafen von Riga. Es gibt Verbindungen in viele deutsche Städte, darunter Berlin, Dortmund, Frankfurt, Hamburg und München. Allerdings gilt es dann noch rund 200 Kilometer bis Liepāja zu überbrücken.

Eine erlebnisreiche Alternative ist die Anreise mit der Fähre von Lübeck/Travemünde. Das dauert zwar einen ganzen Tag, doch genießt ihr zugleich eine tolle Fahrt entlang der deutschen und polnischen Ostseeküste. Wer mag, fährt unter anderem von Berlin aus, die 1.300 Kilometer mit dem Auto und besucht dabei gleich noch Posen, Warschau, Lodz und Kaunas.

Wer nicht mit dem Auto anreist und auch keinen Mietwagen nutzen möchte, ist auf die öffentlichen Verkehrsmittel oder Taxen angewiesen. Diese bringen euch zuverlässig von A nach B. Die Altstadt von Liepāja ist jedoch eher klein, sodass eine reine Stadttour problemlos zu Fuß möglich ist.

Liepaja Altstadt
Häuser in Liepājas Altstadt

Sprache und Verständigung

In den viel von Urlaubern frequentierten Bereichen könnt ihr euch mit Englisch recht gut verständigen. Ein paar Brocken Lettisch sind aber immer eine gute Idee, um auch im Umland kommunizieren zu können.

Essen und Spezialitäten

Lettisches Essen ist einfach und bodenständig sowie meist recht deftig. Neben Fisch und Fleisch gibt es vor allem Kartoffeln, regionales Gemüse sowie viele Sorten Brot. Diese werden teils nach sehr alten Rezepten gebacken. Örtliche Spezialitäten sind Cremesuppe mit Hering sowie Biersuppe mit Quark.

Stichwort Bier: Letten sind diesbezüglich keine Kostverächter und verfügen über eine beachtliche Bierkultur. Die traditionsreichste Brauerei der Stadt ist die Liepājas Alus Darītava. Diese sowie einige kleinere Crafting-Betriebe bieten eine große Auswahl lokaler Bierspezialitäten an, die bestens mit dem herzhaften Essen harmonieren.

Hotels und Unterkünfte

Da Liepāja übersichtlich ist, beschränkt sich die Auswahl der Hotels auf eine eher kleine Anzahl, die vor allem im Sommer gut ausgelastet ist. Die meisten Unterkünfte befinden sich südlich des Stadtkanals. Die Palette reicht dabei von einfachen Pensionen bis hin zu komfortablen Suiten in angesehenen Hotels der 4-Sterne-Klasse.

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