Wale in der Nordsee beobachten


Jedes Jahr reisen Urlauber an, um die herrliche Seeluft und das angenehme Klima an der Nordsee zu genießen. Dabei begegnen sie vielen Meeresbewohnern, darunter auch Seehunden und Kegelrobben. Große und kleine Strandurlauber fragen: Gibt es in der Nordsee auch Wale?

Überblick

Die Nordsee ist für ihre wunderschönen Inseln und ihr faszinierendes Wattenmeer bekannt. Es ist das artenreichste und größte zusammenhängende Wattenmeer weltweit. Die ursprüngliche Nordsee gibt es seit 350 Millionen Jahren, aber ihre heutige Form entstand zum Ende der letzten Eiszeit vor rund 11.000 Jahren. Sie ist 575.000 Quadratkilometer groß und befindet sich als Randmeer des Atlantiks überwiegend auf dem europäischen Kontinentalschelf. Das Meer wird auf drei Seiten von Land umgeben, wobei lediglich die Meerengen Skagerrak und Ärmelkanal Ausnahmen darstellen. Als wichtiger Handelsweg stellt die Nordsee die Verbindung zwischen Mittel- und Nordeuropa und den Weltmärkten dar. Die südliche Nordsee ist gemeinsam mit dem Ärmelkanal die weltweit am dichtesten befahrene Schifffahrtregion. Unterm Meeresboden befinden sich Erdöl- und Erdgasreserven.

Sylt Foehr Amrum
Blick auf Sylt, Föhr und Amrum

Wo gibt es Wale in der Nordsee?

An mehreren Orten habt ihr gute Chancen, die sanften Riesen in freier Wildbahn zu erleben. In den deutschen Nordseegebieten in Küstennähe seht ihr vor allem Schweinswale. Es kommen bis zu 23.000 in die Region, um sich in aller Ruhe zu paaren. Ein beliebter Ort zur sicheren Aufzucht der Kälber ist das Schutzgebiet Sylter Außenriff sowie die Umgebung der Insel Borkum.

Die beste Gelegenheit, die Meeressäuger in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten habt ihr in den Küstengewässern zwischen den Inseln Amrum und Sylt. An insgesamt zwölf Stationen bietet Sylt große Infotafeln an, die beeindruckende Einblicke in die Welt der Meeresbewohner gewähren. In Norwegen gibt es ebenfalls Möglichkeiten zur Walbeobachtung. Oft reicht schon ein Fernglas und ihr werdet von Land die ersten Tiere entdecken. Rund 130 Kilometer vor der Nordostküste Englands findet ihr die Doggerbank. Dabei handelt es sich um eine Sandbank, die eine Länge von bis zu 350 Kilometern und eine Breite von 120 Kilometern aufweist. Sie liegt zum Teil lediglich 13 Meter unter der Wasseroberfläche. Hier verweilen sogar die Nördlichen Zwergwale, die deutlich größer als die Schweinswale sind.

Was für Wale gibt es in der Nordsee?

Eine dauerhaft in der Nordsee lebende Art ist der Gemeine Schweinswal, oder auch Gewöhnlicher Schweinswal genannt. Viele andere Wale halten sich hier in der Regel nur vorübergehend auf oder haben sich verirrt. Das lässt sich aus Beobachtungen der lebenden Tiere und von dokumentierten Strandungen schließen. Demnach sollten in der Nordsee auch diese Wale heute noch anzutreffen sein. Zwischen den Jahren 1604 und 2017 gab es Strandungsnachweise für zahlreiche Walarten an den Küsten der Nordsee. Das wurde in einer Studie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover festgestellt, die zusammen mit dem Nationalparkamt Niedersachsen durchgeführt wurde. Wir erklären euch außerdem, auf welche Arten ihr bei eurer Walbeobachtung achten solltet und wie ihr die riesigen Tiere erkennt.

Gemeiner Schweinswal

Dieser Meeresbewohner gehört mit einer Länge von bis zu zwei Metern zu den kleinsten Walarten. Wäre er größer, könnte er in den flachen Gewässern der deutschen Nordseeküste nicht überleben. Der Schweinswal stammt aus der Familie der Zahnwale und ähnelt optisch einem Delfin. Den Namen Schweinswal oder Meerschwein trägt er, weil sowohl seine Form und Größe als auch seine Augen und Zunge an das Borstentier erinnern. Kleiner Tümmler ist ein weiterer Name.

Schweinswal
Heimisch in der Nordsee: der Schweinswal

Der Meeressäuger gehört zu den häufigsten Walen in der Nordsee. Wenn Schweinswale nicht einzeln unterwegs sind, tauchen sie paarweise oder in kleinen Gruppen auf. Die Orientierung erfolgt mithilfe der Schallortung. Da sie ein gemäßigtes Temperament haben, sieht man Sprünge, wie ihr sie von Delfinen kennt, eher selten. Sie ernähren sich von Platt- und Schwarmfischen. Neben dem Hering und der Sprotte stehen der Kabeljau, die Makrele und der Sandaal auf ihrem Speiseplan.

Die Paarungszeit der Schweinswale liegt zwischen Mitte Juli und Ende August. Zehn bis elf Monate später werden die Jungen geboren – meist zwischen Mai und Juli. Von März bis Mai entdeckt ihr die meisten Schweinswale an der niedersächsischen Nordseeküste. Trotz des häufigen Aufkommens im Wattenmeer ist der Bestand rückläufig und vom Aussterben bedroht. Gründe dafür sind unter anderem der Beifang sowie die Waljagd.

Zwergwal

Dieser Wal hält sich an der Doggerbank in der zentralen Nordsee auf, von wo er dann in deutsche Gewässer gelangt. Früher galt er nur als Gast, seit dem Jahr 2013 wird er aber jedes Jahr in der deutschen Nordsee gesichtet. Als Bartenwal ernährt er sich von Krill und kleineren Schwarmfischen. Obwohl es sein Name nicht vermuten lässt, wird der Zwergwal bis zu zehn Meter lang. Er ist an seinem schlanken Körper zu erkennen, der stromlinienförmig ist, während die Finne die Form einer Sichel hat und sehr hoch sitzt. Der Bauch ist hell, der Rücken allerdings sieht dunkelgrau-braun und bei einigen Artgenossen sogar beinahe schwarz aus.

Finnwal

Mit Geschwindigkeiten von bis zu 47 Kilometer pro Stunde gehören sie zu den schnellsten Walen im Meer. Genauso bemerkenswert ist ihre Größe, die bis zu 27 Meter beträgt. Finnwale sind die zweitgrößten Tiere der Erde – direkt nach den Blauwalen. Sie sind Bartenwale und ernähren sich vor allem von Krill und Krebsen. Ihre Tauchkünste sind beachtlich, denn sie tauchen mehrere Hundert Meter tief ab, bevor sie spätestens nach einer Viertelstunde wieder zum Atmen auftauchen müssen. Ihre Töne sind hunderte Kilometer weit wahrzunehmen. Finnwale werden hin und wieder in der Nordsee gesichtet, dann aber meist, weil sie gestrandet sind. Im Mai 2023 geschah dies beispielsweise mit einem Exemplar an der Küste der englischen Gemeinde Bridlington.

Buckelwal

Das bis zu 15 Meter lange und sehr kräftige Meereslebewesen ist ein Furchenwal, der zu den Bartenwalen zählt. Charakteristisch sind der ausgeprägte Walgesang und die großen Flipper. Damit sind die Brustflossen gemeint, die bei dieser Walart ein Drittel der gesamten Körperlänge erreichen. Dafür ist die Rückenfinne winzig und hinsichtlich der Größe und Form variabel. Buckelwale sind auf der Oberseite schwarz und auf der Unterseite weiß bis schwarz gefärbt. Besonders gerne halten sie sich in Küstennähe auf. Seit dem Jahr 1966 stehen sie unter Artenschutz, da der weltweite Bestand zeitweise stark zurückgegangen ist. Ab Oktober 2021 konnte vor der niederländischen und belgischen Küste für mehrere Monate ein lebender Buckelwal gesichtet werden. In Zukunft wird die Sichtung der Tiere in der Nordsee immer wahrscheinlicher.

Buckelwale
Buckelwale springen aus dem Wasser

Pottwal

Immer wieder kommt es zu Strandungen von Pottwalen an der Nordseeküste Deutschlands. Als in den Ozeanen lebende Art können sie sich kaum an die hiesigen Lebensbedingungen anpassen. Sie sind also eher auf der Durchreise beziehungsweise biegen bei der wilden Beutejagd falsch ab, wenn sie in arktische Gewässer unterwegs sind. Dementsprechend kommen diese Wale eher selten in der Nordsee vor.

Pottwale gehören zu den Zahnwalen und verspeisen am liebsten Riesenkalmare und große Fischarten. Sie werden bis zu 18 Meter lang, wobei besonders große Bullen sogar über 20 Meter erreichen. Die Männchen sind deutlich größer und weisen ein höheres Gewicht auf als die Weibchen. Beide sind wahre Tauchkünstler, die es in bis zu 3.000 Meter Tiefe schaffen. Ihr erkennt Pottwale an ihrem riesigen Kopf, der ein Drittel der Gesamtlänge einnimmt und eckig ist. Die Rückenflosse ist niedrig und die kurzen Brustflossen sehen stummelartig aus. Aufgrund der Waljagd in den vergangenen Jahren gilt der Riese immer noch als gefährdet. Später lest ihr, wie ihr die Meeresbewohner bei Walbeobachtungen nicht gefährdet. 2016 strandeten ungewöhnlich viele Pottwale an den Küsten der Nordsee, nämlich 30 Stück, darunter bei Helgoland und Büsum.

Nördlicher Entenwal

Dögling ist ein anderer Name für diesen Zahnwal aus der Familie der Schnabelwale. Die männlichen Exemplare werden bis zu zehn Meter lang, die weiblichen Tiere erreichen ungefähr acht bis neun Meter. Sie haben einen zylindrischen Körper und eine große, runde Stirn. Ihre Schnauze ist kurz, aber dennoch stark ausgeprägt. Jungtiere weisen eine braune Farbe auf, bevor sie im Laufe ihres Lebens gelblich-grau werden, während die Finne braun bis schwarz ist und relativ weit hinten sitzt. Der Nördliche Entenwal ist als äußerst seltener Gast in der Nordsee bekannt, da er sich im Falle eines Besuchs vermutlich verirrt hat. Im Jahr 1902 strandete ein Exemplar auf der Insel Langeoog. Das gleiche Schicksal ereilte einen Entenwal, welcher sich 2006 in die Themse bis nach London verirrte.

Seiwal

Zu den Bartenwalen und zur Familie der Furchenwale gehört dieser Meeresbewohner, der sich besonders schnell im Wasser fortbewegen kann. Sein Name stammt vom norwegischen Wort „Sei“ für Seelachs. Von diesen ernährt er sich nämlich und ist deswegen auch in der Nähe dieser Fischschwärme anzutreffen. Die größten Tiere werden bis zu 20 Meter lang, die meisten erreichen aber etwa 16 Meter. Ihr Körper wirkt schlank und langgezogen, mit einer spitzen Schnauze. Er ist oben dunkelgrau und unten weiß gefärbt. Seiwale halten sich im offenen Meer auf und daher bekommt man sie eher selten zu Gesicht. Ein besonders außergewöhnlicher Fall einer Strandung ereignete sich Ende September 2011 an der Flussmündung des Humbers in England, wo ein Seiwal 800 m von der Küste entfernt, mitten auf einem Feld lag.

Blauwal

Die Blauwale sind die größten Tiere der Erde und können mehr als 30 Meter lang werden. Sie sehen beeindruckend aus, sind aber in der deutschen Nordsee nur selten zu finden. Einer von ihnen strandete im Jahr 1881 vor Rantum auf der Insel Sylt. Einzelne Blauwale wurden vor langer Zeit an der belgischen und niederländischen Küste gesehen. Im Jahr 1907 stattete ein Artgenosse Dänemark einen Besuch ab. Blauwale gehören zu der Unterordnung der Bartenwale und zur Familie der Furchenwale. Sie haben einen schlanken und stromlinienförmigen Körper, der eine dunkelblau-graue Färbung aufweist und mit hellen Flecken gesprenkelt ist. Die Bauchseite ist deutlich heller. Im Vergleich zum breiten Kopf wirkt die Schnauze sehr flach. Auch diese Großwale sind seit Mitte des 19. Jahrhunderts von der Jagd betroffen und werden als stark gefährdet eingestuft.

Blauwal
Blauwale sind die größten Tiere der Erde

Sowerby-Zweizahnwal

Dieses Meerestier wird auch Flosser oder Nordsee-Schnabelwal genannt. Es weist eine Körperlänge zwischen vier und fünf Metern auf. Die Körperform gleicht einer Spindel und hat ihren maximalen Durchmesser in der Körpermitte. Auf der Oberseite ist der Wal dunkelblau, dunkelgrau oder beinahe schwarz, während er unten und an den Flanken eine hellere Färbung hat. Die lange Schnauze ähnelt einem Schnabel. Wie bei allen Schnabelwalen sitzt die Finne weit hinten. Beim Sowerby-Zweizahnwal ist sie jedoch besonders klein und sichelförmig. Wenn ihr einen Sowerby-Zweizahnwal beobachten wollt, braucht ihr viel Geduld, da sie in der Regel offene sowie tiefe Meeresbereiche bevorzugen.

Richtiges Verhalten

Ihr könnt Wale vom Land oder Wasser aus beobachten. Es gibt tolle Aussichtspunkte, zu denen ihr bei eurer privaten „Walsafari“ unbedingt ein Fernglas und eine Kamera mitnehmen solltet. Ihr braucht dabei allerdings sehr viel Ausdauer. Eine schöne Alternative sind geführte Bootstouren. In diesem Abschnitt erhaltet ihr Ratschläge, um eure Walbeobachtung sowohl im Einklang mit dem Naturschutz zu gestalten als auch das faszinierende Erlebnis in vollen Zügen genießen zu können.

Regeln für eine Walbeobachtung

Walbeobachtungen in der Nordsee werden unter anderem von Wilhelmshaven aus angeboten. Ihr fahrt mit einem fachkundigen Experten aufs Meer hinaus und erfahrt, an welchen Orten sich die Giganten am häufigsten zeigen. Sie dürfen auf den Touren nicht gefährdet oder gestört werden. Ansonsten könnten sie sich verletzen oder erkranken und keinen Nachwuchs mehr bekommen. Folgendes Verhalten ist zu beachten:

  • nur ein Boot nährt sich den Walen ruhig und langsam
  • nahes Heranfahren und langen Aufenthalt vermeiden
  • Wale nicht füttern
  • das Gewässer nicht verschmutzen
Wale beobachten
Auf Walbeobachtungstour

Seriöse Anbieter erkennen

Das Whale Watching muss von einem professionellen Anbieter durchgeführt werden, dem das Wohl der Tiere am Herzen liegt. Ihr erkennt ihn beispielsweise daran, dass er auf seiner Homepage Fachwissen über Wale präsentiert und eure gezielten Fragen kompetent beantwortet. Weitere Hinweise sind Lizenzen und Verifizierungen, die ihr euch vorab ansehen solltet. Ein absolutes Tabu sind Walbeobachtungen, die in Kombination mit Partys oder Speedboot-Fahrten angeboten werden.

Was es beim Schwimmen zu beachten gibt

Beim Baden oder Tauchen in der Nordsee auf einen Wal zu treffen, ist sehr unwahrscheinlich. Trotzdem solltet ihr wissen, wie ihr euch im Zweifelsfall zu verhalten habt. Meidet Flussmündungen und lasst immer den Weg zum offenen Meer frei, damit der Wal nicht in Bedrängnis gerät und im Notfall schnell fliehen kann. Eure Bewegungen sollten ruhig sein. Geht bei Tageslicht schwimmen und verzichtet auf funkelnden Schmuck, der die Tiere ablenkt.

Lebensraum Nordsee

In der Nordsee gibt es mehrere Lebensraumtypen, die von unterschiedlichen Gemeinschaften von Lebewesen bewohnt sind. Grundsätzlich unterschieden werden die aquatischen Lebensräume sowie die Küstengebiete, die sich in Steil-, Fels- und Sandküsten unterteilen. Übergangsgebiete sind Salzwiesen und Wattflächen, bei denen die Lebewesen sich auf die Gezeiten einstellen müssen. Einen weiteren Lebensraumtyp, der sich durch die Mischung von Süß- und Salzwasser auszeichnet, findet ihr an großen Flussmündungen. An der Küste Norwegens gibt es Vorkommen von Kaltwasserkorallenriffen.

Die Nordsee hat das artenreichste Wattenmeer der Welt. Allerdings haben die Überfischung und andere menschliche Einflüsse ihre Spuren hinterlassen, unter denen auch die Wale leiden. Der Gewöhnliche Schweinswal gilt seit dem Jahr 2020 als stark gefährdet, weil sein Lebensraum bedroht ist. Aus diesem Grund ist der Schutz der Meere wichtiger denn je.

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