Was versteht man unter Flugscham?


Reisen ist etwas Großartiges und bringt euch an die wunderschönsten Plätze der Erde. Leider ist Fliegen nicht gerade umweltfreundlich und stellt so manchen mit seiner Reiselust in ein Dilemma. Flugscham ist der Begriff der Stunde, doch vielen ist gar nicht so klar, was das genau bedeutet. Wir klären euch über Flugscham & Flygskam auf und geben Tipps, wie ihr euren ökologischen Fußabdruck beim Reisen verbessern könnt.

Überblick: Flugscham & Flygskam

Der Begriff Flugscham stammt ursprünglich aus Schweden und wurde im Jahr 2018 erstmals von schwedischen Journalisten verwendet. Das Wort „Flygskam“, das auf Deutsch „Flugscham“ bedeutet, etabliert sich jedoch immer mehr in unserem Sprachgebrauch. Dabei ist Flugscham oder Flight Shaming jedoch noch weit mehr als ein Begriff. Dahinter steht eine wachsende Bewegung von umweltaktivistischen Menschen, die ihre Flugreisen reduzieren, um den damit verbundenen schädlichen Einfluss auf das Klima vermeiden wollen.

Viele Flugzeuge erzeugen CO2
Viele Flugzeuge erzeugen CO2

So versuchen die Anhänger dieser Bewegung, die negativen Auswirkungen vom Fliegen auf die Natur zu minimieren oder sogar komplett auf das Fliegen zu verzichten. Damit wollen sie ihr Leben ökonomischer gestalten und einen weniger tiefen CO2-Fußabdruck hinterlassen. Häufig steht dies in Verbindung mit einer nachhaltigen Denkweise, dem Verzicht auf Fleischkonsum, dem Sparen von Strom und Wasser sowie dem Einkauf von ökologisch produzierten Lebensmitteln. Aus Klimasicht ist diese Lebensweise natürlich ein guter Schritt in Richtung umweltfreundlicher Zukunft. Doch der vollständige Verzicht auf Sommerurlaube, Städtetrips oder Weltreisen ist für viele Reiseliebhaber und Globetrotter keine wirkliche Option.

So müssen sie es im schlimmsten Falle sogar in Kauf nehmen, sich anzuhören, dass sie mit ihrer Vielfliegerei die Umwelt belasten und einen hohen Beitrag zum fortschreitenden Klimawandelt leisten. Diese harten Anschuldigungen können beim Abheben des Fliegers schon mal ein Gefühl des schlechten Gewissens oder des Schams verursachen. Außerdem fällt es mittlerweile viel schwerer, zuzugeben, dass man noch und viel fliegt. Geht es euch auch so? Dann gehört auch ihr zu jenen, die beim Reisen Flygskam oder Flugscham empfinden.

Welche Auswirkungen hat Flugscham?

Flugscham steht vor allem für das steigende Bewusstsein für die ökologische Komponente des Fliegens. Wenn auch ihr bei Flugreisen ein Schamgefühl verspürt, kann das sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Die positive Seite am Flugscham ist es, dass Menschen begreifen, wie schädlich Vielfliegen sein kann und eine Reise nicht immer zwingend mit dem Flugzeug angetreten werden muss. Dies wiederum hat bei Verzicht einen positiven Effekt auf den Klimawandel. Allerdings hat Flugscham auch negative Aspekte – nämlich auf den Einzelnen. Wer Flugscham verspürt, kann es mitunter nicht mehr richtig genießen, fremde Länder zu bereisen. Derjenige fühlt sich schuldig und wird er ertappt, nimmt er eine resignierte Abwehrhaltung ein. Im schlimmsten Falle wird dieses Verhalten in ein „Alles-oder-Nichts Prinzip“ umgewandelt, was am Ende wieder darin gipfelt, die umweltbewusste Denkweise aufzugeben und ignorant zu reagieren.

Schaden für die Umwelt

Es ist nicht Neues, dass ein Flugzeug tonnenweise Treibhausgase in die Atmosphäre abgibt und die Auswirkungen auf die Umwelt verheerend sind. Doch ist Flugscham, der euch die Reise vielleicht nur halb so angenehm gestaltet, wirklich berechtigt?

Tatsächlich ist das Flugzeug das Transportmittel, welches am schädlichsten für das Klima ist. Fliegt ihr beispielsweise von Frankfurt am Main nach New York City, so werden dabei fast vier Tonnen Treibhausgas ausgestoßen. Dies macht schon ein Viertel der Menge aus, welche die Deutschen pro Kopf im ganzen Jahr produzieren. Doch nicht nur Kohlenstoffdioxid hat negative Auswirkungen auf die Atmosphäre. Auch andere Substanzen, die beim Fliegen durch das verbrauchte Kerosin ausgestoßen werden, wie Stickoxide oder Wasserdampf, schaden durch ihre Emissionen dem Klima auf der Erde. Die ausgestoßenen Treibhausgase vermehren das Ozon in der unteren Schicht der Atmosphäre, wobei sich der Treibhauseffekt verstärkt und die globale Erwärmung fortschreitet. Zwar schützt Ozon im Grunde genommen vor UV-Strahlung, doch diese Art von Ozon befindet sich in der Atmosphäre deutlich höher als die Reiseflughöhe eines Flugzeuges und hat somit keine positiven Effekte auf die Umwelt.

Kondensstreifen am Himmel
Kondensstreifen am Himmel

Trotz fortschreitendem Umweltbewusstsein bei vielen Menschen steigt die Zahl der Flüge von Jahr zu Jahr stetig. Nimmt der Luftverkehr also immer weiter zu, hat dies tatsächlich enorme negative Auswirkungen auf die Welt, ihre Pflanzen und Lebewesen. Trotzdem ist auch ein nachhaltiges Reisen möglich, wenn euch der Klimaschutz am Herzen liegt, ihr aber nicht auf das Fliegen verzichten wollt.

Klimafreundliches Reisen

Flugreisen sind schnell, unkompliziert und günstig – ein Flugticket ist schnell bestellt und meist sogar günstiger als die Fahrkarte für den Zug. So ist es nicht immer so einfach, den ersten Schritt zu machen und umweltfreundlicher zu reisen. Für eine erste Veränderung heraus aus der Flugscham müsst ihr dafür nicht vollständig auf das Fliegen verzichten. Es gibt jedoch einige Tipps, die ihr beherzigen könnt, um der schlechten Klimabilanz beim Reisen entgegenzuwirken.

Kurztrips umweltfreundlich planen

Fahrten unter 1.000 Kilometern könnt ihr tatsächlich mit dem Auto, dem Bus oder der Bahn viel energieeffizienter zurücklegen als mit dem Flugzeug. Fahrt ihr beispielsweise mit dem PKW von Berlin nach Warschau, so könnt ihr bei eurer Reise die CO2-Emmisionen um 40 Prozent gegenüber einer Flugreise minimieren. Bei einer Städtereise mit der Bahn ist die Einsparung noch weitaus höher.

So solltet ihr euch immer fragen, ob es wirklich nötig ist, ins Flugzeug zu steigen, um euer Ziel zu erreichen. Gerade in Europa sind die Anbindungen mit Bahn und Fernbus optimal und bringen euch schnell und komfortabel an den Ort eurer Wünsche – manchmal sogar schneller als mit dem Flugzeug, bei dem ihr den Check-in, Sicherheitskontrollen und Gepäckabgabe einberechnen müsst. So ist es außerdem ein kleines Abenteuer, in den Nachtzug zu steigen oder die facettenreiche Landschaft Deutschlands an den Fenstern eines Busses vorbeisausen zu sehen. Das solltet ihr unbedingt einmal ausprobieren! In Englands Hauptstadt London kommt ihr etwa von Köln aus schon in elf bis zwölf Stunden – abenteuerliche Reise durch den Tunnel im Ärmelkanal inklusive. Weiterhin ist die Fahrt mit Bus oder Bahn nicht immer teurer. Mittlerweile gibt es bei frühzeitiger Buchung auch sehr günstige Angebote. Auch wer eine BahnCard hat, kann sparen. Car Sharing ist übrigens ebenso eine klimaneutrale Alternative zu Kurzstreckenflügen.

Langstrecken selektieren

Wie ist es nun aber, wenn ihr eine lange Strecke vor euch habt? Tatsächlich ist es für die Treibstoffbillanz „ideal“, wenn euer Flieger eine Strecke von 4.800 Kilometern zurücklegt. Bleibt er länger in der Luft, muss er mehr Kerosin mitführen und ist schwerer, was wiederum weitaus unökologischer ist. So ist es für die Umwelt auch nicht unbedingt die beste Wahl, einen Langstreckenflug zu buchen. Vielleicht findet ihr ja „den perfekten Mittelweg“ für eure nächste Reise. Das kann heißen, dass ihr seltener Langstrecke fliegt oder aber ganz auf kürzere Strecken ausweicht. Vielleicht etwas überraschend, aber sogar eine Strecke von Frankfurt nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten zählt als Mittelstrecke.

Direktflüge wählen

Bei Start und der Landung eures Fluges wird am meisten Kerosin verbraucht, nämlich 25 Prozent. Befindet sich euer Flugzeug über den Wolken, so fliegt es deutlich energieeffizienter, weswegen ihr nach Direktflügen Ausschau halten solltet. Diese sparen sich den erhöhten Kerosin-Ausstoß, da sie mit einem Start und einer Landung auskommen. Je weniger Zwischenstopps ihr einlegen müsst, desto entspannter – für euch und die Umwelt.

Klimafreundlich vorankommen

Manchmal geht es einfach nicht anders, als mit dem Flugzeug zu verreisen – gerade aus beruflichen Gründen. So könnt ihr jedoch vor oder nach dem Ausstieg aus dem Flieger eure Flugscham besänftigen, indem ihr nicht mit dem Auto, sondern den öffentlichen Verkehrsmitteln an- oder weiterreist. Auch im Urlaubsort gibt es sicher ein gut funktionierendes Transportnetz und falls nicht, könnt ihr es mit Car- oder Bikesharing versuchen. Versucht einfach, neue Wege zu gehen, wenn ihr um das Fliegen nicht herumkommt.

Gepäck reduzieren

Je schwerer ein Flugzeug ist, desto höher die Emissionen des Kohlenstoffdioxids, da der Flieger mehr Energie verbraucht. So solltet ihr die Taschen lieber nicht zu vollpacken, denn dann spart ihr nicht nur Kosten für Übergepäck, sondern auch CO2. Es reist sich sowieso besser mit leichtem Gepäck.

Economy-Class buchen

Ein Flugzeug kann energieeffizienter reisen, je ausgelasteter es ist. Da in der Economy-Class mehr Menschen mit ihrem Gepäck Platz haben als in der Business-Class, solltet ihr euch doch lieber mit einem Platz in der „Holzklasse“ abfinden. Die Sitze in der Business-Class sind breiter und haben weniger Platz für das Handgepäck, wodurch der Einzelne mehr Platz verbraucht und damit einen tieferen CO2-Fußabdruck hinterlässt. Bucht also lieber die günstigere Economy-Class im Flugzeug – das schont Geldbeutel und Umwelt.

Länger verreisen

Statt mehrmals im Jahr für einige Tage um die Welt zu jetten, solltet ihr lieber seltener in den Urlaub fliegen – dafür aber länger bleiben. Dies hat nicht nur einen Vorteil für die Umwelt. Auch ihr werdet eure Reise viel intensiver erleben und mehr entdecken.

CO2-Ausstoß kompensieren

Um die Flugscham zu reduzieren, kann es helfen, an anderer Stelle etwas Gutes zu tun und den CO2-Ausstoß zu kompensieren. Ihr könnt nach jedem Flug für Klimaschutzorganisationen spenden, die sich beispielsweise um die Wiederaufforstung des Regenwaldes kümmern. Diese nutzen den Betrag, der entsprechend eurer Ökobilanz des vorangegangenen Fluges kalkuliert wird, an Umwelt-Projekte jeder Art. Manche Airlines sind sogar Kooperationspartner solcher Programme. So sollen CO2 und andere klimaschädliche Faktoren ausgeglichen werden.

Regenwald im Nebel

Plastik vermeiden

Dort die leere Sandwichhülle und da die Deo-Flasche, die nicht mit ins Flugzeug darf – versucht den Plastikmüll zu reduzieren und zu Strohhalmen oder Plastikstäbchen im Kaffee Nein zu sagen.

So könnt ihr euch für den Kaffee oder dem Smoothie sogar den eigenen To-Go-Becher oder für das Wasser die leere Mehrwegflasche einpacken. Außerdem solltet ihr euch vorher überlegen, was durch die Sicherheitskontrolle darf und was nicht. Leere Flaschen sind übrigens kein Problem und lassen sich nach dem Security-Check problemlos wieder auffüllen, bevor es in den Flieger geht.

Thermobecher statt Wegwerfbecher
Thermobecher statt Wegwerfbecher

Grün reisen

Nachhaltiges Recycling, wenig Lärm und elektrische Flughafenfahrzeuge – einige Airports, wie der Flughafen Zürich sind mittlerweile „grün“ und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz. Sogar einige Airlines achten bei ihrem Catering auf Nachhaltigkeit oder verwenden Softwares, um Kraftstoff zu sparen oder ihre Flugrouten optimaler zu gestalten.

Auch immer mehr Unterkünfte am Urlaubsort versuchen durch weniger Plastik, vegane Menüs oder die Nutzung erneuerbarer Energien, klimaneutral zu agieren. So könnt ihr durch die Buchung solcher „grünen“ Unternehmen und Services ein wenig klimafreundlicher reisen.

Gewohnheiten überdenken

Ihr müsst ja nicht gleich euren Urlaub auf Balkonien verbringen, doch überdenkt einmal eure Art zu reisen. So solltet ihr euch immer fragen, wie wichtig das Reisen für euch ist und welche Art von Reisekultur ihr ausleben wollt. Jedes Wochenende ein Kurztrip mit dem Billigflieger, um in der gelandeten Stadt die Tüten beim Shoppen zu füllen oder ein Inlandsflug, anstatt ein paar Minuten länger mit dem Zug unterwegs zu sein – macht euch bewusst, was die jeweilige Reise für euch bedeutet und wie ihr diese etwas nachhaltiger gestalten könnt.

Blick aus dem Flugzeug
Blick aus dem Flugzeug

Auf dem Boden zu bleiben kann sogar manchmal die abenteuerlichere und spannendere Wahl sein, denn auch Deutschland hat einiges zu bieten und mit Bus, Bahn oder Fahrrad lassen sich ebenfalls unvergessliche Erfahrungen sammeln. Dabei geht es vor allem darum, wieder langsamer unterwegs zu sein, die Landschaft auf sich wirken zu lassen und die zurückgelegte Strecke zum Erlebnis zu machen, anstatt immer nur schnell, günstig und weit zu reisen. Denn so kann es passieren, dass ihr dabei ziemlich viel verpasst und tolle Eindrücke einfach verlorengehen. Um neue Orte zu entdecken, muss es nicht unbedingt ein anderer Kontinent sein. Auch an der Ostsee gibt es etwa auf Rügen traumhafte Strände, der Bayerische Wald ist fast ebenso grün wie der Amazonas und Mallorca, Spaniens beliebteste Insel, ist beim Verzicht auf andere Reisen dann trotzdem einmal im Jahr drin. Vielleicht verzichtet ihr aber auch mal einige Zeit oder sogar ein ganzes Jahr aufs Fliegen, um damit den höchsten Beitrag für unsere Umwelt zu leisten.

Sag uns Deine Meinung zu diesem Thema

* Pflichtfelder